Donnerstag, September 18, 2008

Die Loehne unserer Haushaelterinnen oder: die Expats zahlen immer weniger

Wie viele von Euch wahrscheinlich schon wissen, ist es in Shanghai unter den etwas wohlhabenderen Menschen (egal ob Chinesen und Auslaendern) ueblich, wenigstens eine Haushaelterin zu beschaeftigen. Die in Shanghai lebenden Auslaender – bekannt auch als “Expats” – haben selbstverstaendlich eine Haushaelterin und oft sogar auch noch einen Fahrer. Als ich vor etwa neun Jahren nach Shanghai gezogen bin, haben die Expats im Durchschnitt 10 RMB pro Stunde fuer so eine Arbeitskraft gezahlt. Pro Monat waren das dann so etwa 1300 bis 1800 RMB fuer eine fuenftage Woche mit jeweils acht Stunden.

Nun die grosse Preisfrage: Wieviel zahlen denn nun heute – nach neun Jahren – diese Expats an ihre Haushaelterinnen? Peinliche und ueberraschende Antwort: genau dasselbe. Wie kann denn das sein?

Grund dafuer ist wahrscheinlich die Tatsache, dass die Chinesen teilweise noch weniger zahlen und viele Auslaender glauben, sich laecherlich zu machen, wenn sie sich zu gutmuetig verhalten. Vielleicht wissen viele Expats auch nicht so genau, wie schwer es inzwischen ist mit diesem Niedriglohn ueber die Runden zu kommen?

Angesichts der Tatsache, dass sich die Preise fuer Grundnahrungsmittel und ueberhaupt fuer Essen etwa verfuenffacht haben und die Mieten auch etwa um das dreifache gestiegen sind, ist es mehr als empoerend , dass ausgerechnet die sowieso schon niedrigen Loehne der Haushaelterinnen seit etwa zehn Jahren unveraendert geblieben sind . Sind es doch gerade die Auslaender, die immer ueber das Lohndumping und die Armut in China laestern! Waehrend man sich in Deutschland ueber die menschenunwuerdige Ausbeuterei der chinesischen Arbeiter aufregt, kann ich mit Besorgniss feststellen, dass die Expats hier oft die Notsituation der armen Bevoelkerung schamlos ignorieren.

Ein Beispiel: in meinem Wohnviertel gab es vor einiger Zeit eine sehr nette und sozial eingestellte deutsche Familie, die bei dem Lohndumping nicht mitmachen wollte und ihrer Haushaelterin (– sprich: Ai) alle Ueberstunden extra gezahlt hat. Als diese Familie nun nach Deutschland zurueckgegangen ist, wollte niemand die Haushaelterin dieser Familie uebernehmen, da diese Ai bereits zu sehr “verwoehnt” worden sei. Witzigerweise wollen viele Expats naemlich weder Uberstunden noch Krankenversicherung fuer ihre Haushaelterinnen bezahlen. Das verstoesst aber nicht nur gegen deutsches, sondern – soviel ich weiss - auch gegen chinesisches Recht.

Leider sind die reichen Chinesen ja wie gesagt auch oft nicht besser, als die reichen Auslaender. Man moechte zwar besten Service von einer immer gut gelaunten, freundlichen Hilfe, ist aber nicht bereit, sich auch nur ein bischen in die Situation dieser Menschen hineinzuversetzen. So gibt es doch wirklich Leute, die ihre Haushaelterin entlassen, weil “die dauernd so schlecht gelaunt ist..” HAHA! Waer ich auch, wenn man mich so behandeln wuerde! Gute Arbeit muss auch angemessen bezahlt werden. Warum sollte das in China anders sein als in Deutschland? Angesichts der unglaublich gestiegenen Lebensmittel Preise sind unsere liebenswuerdigen Ai`s inzwischen naemlich so arm, dass sie sich oft nicht einmal mehr genuegend gesundes Essen kaufen koennen. So hat mir meine Haushaelterinn erzaehlt, dass viele der Arbeiter morgens nur ein trockenes Mantou essen koennen, weil sonst das Geld nicht reicht. Immer mehr Arbeiter fangen an, in ihrer Freizeit in den Abfalleimern nach Plastikflaschen zu suchen, die dann fuer ein Mao weiterverkauft werden koennen.

Schlimm ist, dass es sich bei diesen Arbeitern um sehr fleissige und ehrliche Menschen handelt, die fuer Leute arbeiten, die jederzeit mal Abends im Restaurant ein Essen bestellen, dass genauso teuer ist, wie der Monatslohn dieser Menschen. Trotzdem kommen sich viele Expats unglaublich gut und sozial vor, weil sie zum Beispiel ihre alten Klamotten, die sie selber nicht mehr anziehen wollen, an ihre Haushaelterinnen verschenken. Doch unsere Haushaelterinnen brauchen ja eigentlich keine solchen Geschenke, sondern einfach nur einen gerechten Lohn fuer ihre gute Arbeit, mit der sie uns so sehr das Leben erleichtern.

Deswegen: Fur alle Auslaender, die sich noch unsicher sind, was sie eigentlich nun genau an ihre Ai`s zahlen sollen: unser Management hat bereits die Gebuehr fuer eine Stunde Arbeit von 10 auf 15 RMB erhoeht. Wir sollten das nun endlich auch so machen! 10 RMB pro Stunde war der Lohn von vor neun Jahren! Doch die Zeiten haben sich geaendert, die Lebenshaltungskosten der Menschen hier haben sich vervielfacht. Da sind 15 RMB pro Stunde oder ein Monatslohn von mindestens 2200 RMB (bei einer fuenf-tage Woche von jeweils acht Stunden pro Tag) ein Minnimum.

Eigenartigerweise prahlen die Expats oft damit, wie billig sie die Waren und Arbeiter heruntergehandelt haben. Ich finde, wer andere Menschen ausnutzt und damit auch noch angibt, zeigt nur, dass er selber ueberhaupt nicht gebildet ist. Im Gegenteil: wer den Mut hat, bei dieser allgemeinen Ausnutzerei nicht mitzumachen, kann stolz auf sich sein. Wir kommen aus einem sozial eingestellten, wohlhabenden Land und sollten unsere Wertvorstellungen auch in die Tat umsetzen.

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1 Kommentare:

Am/um 1:42 PM , Blogger Carsten meinte...

Guter Blogeintrag!
Diese Diskrepanz Expats zwischen Verurteilung der sozialen Unterschiede und dabei selber dazubeizutragen ist häufig zu sehen, wenn ich nicht aufpasse, sogar bei mir... Diese allgemeine Tendenz beim Einkaufen alles runterhandeln zu müssen trägt dazu bei.
Wir zahlen unserer Ayi allerdings tatsächlich 15 Yen die Stunde :-)

 

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