Freitag, April 24, 2009

Die Kulturunterschiede, wenn man – wie ich - mit einem unvorsichtigen Mundwerk ausgestattet ist....

Es heisst ja immer, dass manche Leute mit dem Mund denken – anstatt mit dem Kopf und auch wenn ich mich nun schon mehrere Jahrzehnte darum bemuehe diese etwas unpraktische Angewohnheit zu aendern, passiert es mir immer wieder, dass ich - speziell wenn ich mich mit sympathischen Menschen unterhalte – oft vorschnell Dinge sage, die ich vielleicht bei genauerer Ueberlegung anders oder gar nicht formuliert haette. Auch in Deutschland hat mich das schon oft in unangenehme Situationen gebracht, aber in China jetzt ist dieser Charakterfehler mein groesstes Unglueck. Ihr koennt Euch gar nicht vorstellen, was fuer Qualen mir schon deswegen entstanden sind!

Dazu kommt erschwerent, dass ich hier viel mehr Beachtung bekomme, als eigentlich notwendig waere. Alles, was ich vielleicht nur so aus Spass und um mir etwas Luft zu verschaffen daher flapse, wird ernst genommen und hat Konsequenzen.

So bin ich es von Deutschland gewohnt, dass ich z.B. mit befreundeten Mitstudenten oder Kollegen ohne Probleme auch mal ueber einen Lehrer oder einen Vorgesetzten sprechen kann, ohne dass gleich Alles „weitergemeldet“ wird. Hier aber wird offensichtlich alles, was ich so im Vertrauen mit einigen Leuten spreche, gleich umgehend weitergesagt und zwar wahrscheinlich sogar in guter Absicht. Zumindest wuerde ich meinen Freundinnen hier keine schlechten Absichten unterstellen, denn sie moegen mich ganz sicher, und haben keinen Grund mir schaden zu wollen. Aber da gibt es ja dann die Kulturunterschiede, die bewirken, dass vieles, was ich sage, falsch interpretiert wird......

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Sonntag, April 05, 2009

Wie verliere ich meinen Auslaenderinnen Status?

Eigentlich habe ich mir das ja immer gewuenscht und ich habe auch daraufhin gearbeitet: ich moechte in China nicht immer wie in einem goldenen Kaefig mit Sonderrechten gehalten werden.

Jetzt, wo ich diesen Sonderrechte – Schonstatus zumindest in einigen Bereichen verlassen habe, fuehle ich mich wohler. Lieber manchmal leiden, als immer ausserhalb der Gesellschaft stehen. Nichts hasse ich mehr, als dieses „privilegiert“ sein.

Da es in China besonders schwer ist, als Auslaender sich in die normale chinesische Gesellschaft zu integrieren, entwickeln solche Langzeitauslaender wie ich gewisse Symptome: besonders dramatisch ist das „Toleranzsymptom“. Als Gast – und vor allem als sehr gut behandelter Gast – faengt man an sich fuer seine kritischen Aeusserungen zu entschuldigen. Man hat ja eigentlich gar kein Recht dazu dauernd rumzumeckern, schliesslich will man nichts lieber als hier bleiben und – trotz Kritik – liebt man seine neue Heimat und moechte nicht mehr zurueck ins eigene Land.

Ihr koennt Euch gar nicht vorstellen wie froh ich bin, wenn mich jemand am Telefon fuer eine Chinesin aus einer anderen Provinz haelt! Man hoert zwar einen Akzent, aber denkt nicht an eine Europaerin, sondern an eine Suedchinesin! Das tut gut.

Unter diesem Aspekt muesst Ihr auch meine Aeusserungen zu dem Ballettunterricht verstehen, wie ich sie vor zwei Tagen hier geschrieben habe. Ich bin einfach froh, dass ich wenigstens an dieser Ballett Schule keinen Auslaender Status mehr habe und zu den Chinesen gerechnet werde. Das ist fuer mich schon fast ein Grund alles moegliche zu akzeptieren, was ich in Deutschland wahrscheinlich so nicht akzeptieren wuerde. Schlagende Lehrer akzeptiere ich aber auch jetzt nicht wirklich. Und da bin ich uebrigens nicht alleine. Einige Frauen in meiner Ballett Klasse haben sich zusammengetan und den schlagenden Trainer darum gebeten nicht mehr zu schlagen. Dieser Trainer hat das etwa zwei Stunden lang ausprobiert und uns dann verkuendet, dass er wieder schlagen wird, weil er sonst keinen guten Unterricht machen kann. Er trainiert normalerweise nur Profies und ist es nicht gewohnt Hobbieunterricht zu geben. So koennen wir uns nur entscheiden ob wir die Schlaege akzeptieren wollen oder ob wir den Trainer wechseln. Ich bin erst seit Januar regelmaessig in dieser Gruppe und will erstmal die Situation noch laenger testen. Das ist ja schliesslich ganz schoen interessant. Und ich kann eine Menge bei dem ansonsten sehr guten Trainer lernen.

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Samstag, März 28, 2009

eine Fahrkarte mit Begleitschein

Heute morgen ist meine Schwiegermutter abgereist. Nachdem meine Haushaelterinn gestern noch einen weiteren Anruf erhalten hat, dass ihr Bruder in Lebensgefahr schwebt, habe ich beschlossen meine Schwiegermutter selber zu ihrer Schwester zu schicken, damit meine Haushaelterinn schneller bei ihrem Bruder sein kann. Gestern und heute morgen standen im Zeichen des Zusammenpackens. Die wenigen Sachen, die meine Schwiegermutter mitnehmen muss, wurden mehrmals geordnet und umgepackt, die Fahrkarte von einer Tasche in die andere geschoben, so dass ich bis zur letzten Minute Sorge hatte, ob und wo diese Fahrkarte nun aufbewahrt wird. Mein Mann, der gestern abend sehr spaet von einer Dienstreise zurueckkam, wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, hat sich aber sofort bereit erklaert uns mit dem Auto zum Bahnhof zu fahren.

Meine Schwiegermutter muss man im wahrsten Sinne des Wortes in den Zug setzen und ausserdem den Schaffner informieren. Doch unser moderner Bahnhof hat eine Sicherheitszone wie im Flughafen, die man nur mit Fahrausweis betreten darf. Will man einen Passagier begleiten, muss man einen extra Begleitschein kaufen. Ausserdem darf man zu jeder Fahrkarte nur einen Begleitschein kaufen. Deswegen konnten mein Mann und ich nicht beide zusammen meine Schwiegermutter in den Zug bringen und ich bin nun vorzeitig frei und kann vor dem Unterrichtsbeginn (Samstag ist bei mir Arbeitstag) noch einen Kaffee trinken. Die naechsten zwei Wochen werde ich alleine zu Hause sein. Eine gute Gelegenheit ein paar neue Gitarrenvideos zu drehen. Hoffentlich schaffe ich das.

Meine Schwiegermutter mag mich und ich mag meine Schwiegermutter. Meine Schwiegermutter sagt immer: “so eine auslaendische Schwiegertochter ist toll! Viel besser als eine Chinesische.” Ein Grund, warum sie mich so mag ist die Tatsache, dass es mir vollkommen egal ist, wieviel sie isst. Das scheint aber nicht selbstverstaendlich zu sein, denn meine Schwiegermutter bemerkt es immer wieder voller Freude.

Bei mir ist das so: am Anfang war ich natuerlich ueberhaupt nicht begeistert, dass meine Schwiegemutter bei uns leben moechte. Aber weil meine Schwiegermutter mich mit meinen Eigenarten voll akzeptiert, kommen wir nun doch gut zusammen aus. Trotz ihrer Verwirrtheit ist sie eine grosszuegige und sehr gutmuetige Frau geblieben.

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Freitag, Dezember 05, 2008

Auslaenderfeindlichkeit in Shanghai?

Nachdem mich meine deutschen Bekannten immer wieder auf dieses Thema hin ansprechen, moechte ich hier kurz meine Meinung darlegen.

Seitdem ich vor fast zehn Jahren nach Shanghai umgezogen bin, hat sich das Verhalten der Shanghaier gegenueber Auslaendern schon etwas geaendert. Waehrend noch vor einigen Jahren die Neugier und Hochachtung ueberwog und fast alle Chinesen stolz darauf waren, einen Auslaender zu ihren Freunden zaehlen zu duerfen, sind die Chinesen inzwischen ganz klar ernuechtert.

Diese neuere Skepsis und Enttaeuschung hat natuerlich Ursachen und ist auch noch lange nicht mit Auslaenderfeindlichkeit gleichzusetzen. Man hat nur ganz einfach festgestellt, dass die nach Shanghai stroemenden Auslaendermassen fuer den Normalchinesen doch nicht soviel Vorteile bringen wie urspruenglich erhofft.

Die Shanghaier sind relativ pragmatisch veranlagt und aehneln meiner Meinung nach in vieler Hinsicht den Bayern. Shanghaier sind stolz darauf Shanghaier zu sein und glauben grundsaetzlich, dass Shanghai die schoenste und beste Stadt der Erde sei. Chinesen, die aus anderen Teilen Chinas hinzuziehen, werden erstmal fuer nicht ganz voll genommen. Zur engeren Freundschaft oder vor allem auch zum Heiraten sucht man sich auf jedenfall am liebsten Seinesgleichen. Tausende von Ausnahmen bestaetigen die Regel.

Von den Auslaendern erhofft man sich in erster Linie Vorteile. So sucht man sich einen auslaendischen Freund, weil man zum Beispiel sein Englisch verbessern moechte, eine bessere Arbeit sucht oder eine Chance fuer einen Auslandsaufenthalt braucht. Oder weil man Auslaender grundsaetzlich fuer reich und maechtig erachtet. Doch nun merken immer mehr Shanghaier, dass nicht alle Auslaender, die in Shanghai leben, reich und maechtig sind. So gibt es verglichen mit vor zehn Jahren immer weniger Gruende sich mit einer Langnase anzufreunden. Die Auslaender haben ein bischen ihre Attraktivitaet verloren und gleichen immer mehr den sogenannten „Waidiren“ – also den von einer anderen Provinz eingewanderten Chinesen. Deswegen die Ernuechterung bei den Shanghaiern. Doch diese neuere Entwicklung wuerde ich nicht als Auslaenderfeindlichkeit bezeichnen. Die Shanghaier sind nur einfach gegenueber Auslaendern realistischer geworden. Und dass ungebildete Menschen vorallem Mitgefuehl mit ihren eigenen Leuten haben und fremde Menschen eher skeptisch betrachten, ist auf der ganzen Welt gleich. Shanghai ist also nur , was die Behandlung von Auslaendern betrifft, zur Normalitaet zurueckgekehrt. Wirklich beaengstigende Auslaenderfeindlichkeit habe ich hier nicht beobachtet. Und wer laengere Zeit in Shanghai ist und gut Chinesisch spricht, kann auch hier echte, tiefergehende Freundschaften entwickeln. Ich jedenfalls habe ein paar gute Freunde, die Shanghaier sind. Auch in China und Shanghai sind die Menschen sehr verschieden voneinander und alle derartigen Verallgemeinerungen sind sowieso nicht mehr als eine Tendenz.

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Samstag, November 17, 2007

Auslaender in China

Seit acht Jahren bin ich eine Auslaenderin in China. Hat sich mein Lebensgefuehl dadurch veraendert? Eigentlich nicht. Auch in Deutschland habe ich mich immer gefuehlt wie ein Auslaender. Hier bin ich wirklich fremd, was irgendwie befriedigend ist, denn nun hat mein Aussenseitergefuehl endlich eine Begruendung.

Natuerlich bin ich anders als die Chinesen um mich herum! Kein Wunder, dass es da manchmal Missverstaendnisse oder Nichtverstehen gibt. Weder die Chinesen noch mich stoert das. Man verzeiht sich gegenseitig, schliesslich sind wir in verschiedenen Kulturkreisen gross geworden. So kann ich hier relativ relaxed meine Individualitaet ausleben.

In China Auslaender zu sein ist nach wie vor nicht besonders schwierig. Noch einfacher ist es, wenn man Chinesisch spricht. Man wird hier nicht nur toleriert, sondern oft sehr freundlich behandelt. Auch wenn in letzter Zeit doch auch einige grundsaetzliche Abneigungen gegen Amerikaner und Europaer zu spueren sind. Die Shanghaier moegen am liebsten sich selbst. Auch Chinesen aus anderen Teilen Chinas werden nicht so einfach aufgenommen. Gegenueber allen, die nicht zur Familie gehoeren, merkt man oft eine nicht ausgesprochene Vorsicht, man muss das nicht persoenlich nehmen. Mit ein bischen Geduld kann man sich auch die Herzen der kleibuergerlichsten Shanghaier erobern! Auf jeden Fall ist es hier nicht schlechter als in einer deutschen Kleinstadt.

Trotzdem habe ich auch nach acht Jahren nur wenige wirklich gute Shanghaier Freunde, die meisten Chinesen, mit denen ich befreundet bin, kommen aus anderen Teilen Chinas.

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